Rentenbesteuerung verfassungswidrig?
Grundsystematik verfassungsgemäß – im Einzelfall möglicherweise verfassungswidrig!
• Renten schon vor 2005 steuerpflichtig, aber mit Ertragsanteil > 67jähriger z.B. seinerzeit 25%
• Ab 2005 nachgelagerte Besteuerung > Renteneintritt 2005 und vorher 50%, in 2021 bei 81%
• Beispiel: 1.500,- € monatl. = 18.000,- € p.a.
2004 > 25% = 4.500,- € > Grundfreibetrag (GFB) 7.664,- € > Steuer 0,- €
2015 > 70% = 12.600,- € > Grundfreibetrag (GFB) 8.472,- € > tendenziell Steuernachzahlung!
(Beachte Minderung durch Versicherungsbeiträge, z.B. KV.PV, WK, AEB, außergew. Belastungen etc. möglich)
• 1. Urteil zur Problematik in 2009 > BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken wg. nur beschränkter Abziehbarkeit der RV-Beiträge als Sonderausgaben > aber zum 1. Mal Hinweis wg. evtl. Doppelbesteuerung > rügbar erst im Zeitpunkt des Rentenbezugs
• Am 29.09.2015 Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit durch BVerfG > Gleichheitssatz des Art.3 GG sei gewahrt, solange Beitragsleistungen steuerfrei gestellt sind > in der Übergangsphase (2005-2024) sei Gleichbehandlung von Selbständigen und AN trotz unterschiedlicher Ausgangslage hinzunehmen
• Am 21.06.2016 BFH > Eine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen darf nicht erfolgen > aber Rüge erst mit Rentenbeginn und Feststellungslast liegt beim Stpfl. > da nachgelagerte Besteuerung im Allgemeinen nicht, aber im Einzelfall u.U. verfassungswidrig
• AKTUELL 19.05.2021 BFH > Klage gegen Doppelbesteuerung in zwei Fällen abgewiesen und Bestätigung der Grundsystematik als verfassungsgemäß > aber Umstieg zur nachgelagerten Besteuerung kann zur Doppelbesteuerung führen > dann Stpfl. „Anspruch auf Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenphase“ > erstmals in Urteilsbegründung Berechnungsvorgaben zur Ermittlung einer evtl. Doppelbesteuerung
• KLARTEXT > das bedeutet, der Stpfl. muss nachweisen, dass die voraussichtlichen steuerfreien Renteneinkünfte kleiner sind als die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen! HINWEIS > für Jahre vor 2005 extrem schwierige und aufwendige Aufgabenstellung!
• Tendenziell werden alleinstehende Selbständige von dieser Problematik stärker betroffen sein als ehemalige Arbeitnehmer-Ehegatten
• Hoffnung macht, dass der Gesetzgeber bereits signalisiert hat, die o.g. Berechnungs-grundlagen gesetzlich zu berücksichtigen
• FAZIT > Beitragsverlauf beim Versicherungsträger beantragen, dem FA unaufgefordert zusenden und um Berücksichtigung der Entscheidung des BFH (BFH X R 33/19) bitten.
• Letzte Anmerkung > Alle aktuell ergehenden Einkommensteuerbescheide beinhalten einen Vorläufigkeitsvermerk bezüglich der Besteuerung der Renteneinkünfte > d.h. das Einlegen eines Einspruchs ist nicht notwendig